Das Verhandlungsgebot für Diensteanbieter scheitert kläglich an seiner effektiven Durchsetzbarkeit
München, 19. Dezember 2024 – Gestern hat die Multiconnect GmbH gegen die Bundesnetzagentur eine Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht.
Grund für diesen Schritt ist die Überziehung der gesetzlich maximalen Höchstverfahrensdauer von vier Monaten um inzwischen mehr als 12 Monate (!) im Streitbeilegungsverfahren zwischen der Multiconnect GmbH und einem deutschen Mobilfunknetzbetreiber im Hinblick auf einen Full-MVNO-Zugang zu dessen Mobilfunknetz.
Hintergrund der Klage
Die Multiconnect GmbH strebt bereits seit 2015 einen technologieneutralen und diskriminierungsfreien Full-MVNO-Zugang zum Mobilfunknetz eines deutschen Mobilfunknetzbetreibers an. Bislang konnte sie keinen solchen Zugang mit Konditionen erhandeln, die es ihr erlauben würden, auf dem Endkundenmarkt in echte Konkurrenz zu Mobilfunknetzbetreibern zu treten.
Zwar konnte sie sich zwischenzeitlich auf das Verhandlungsgebot der kürzlich für rechtswidrig erklärten 5G-Frequenzvergabeentscheidung der Bundesnetzagentur vom November 2018 berufen, das Mobilfunknetzbetreiber verpflichtet, mit Diensteanbietern, also auch MVNO (virtuellen Mobilfunknetzbetreibern), technologieneutral und diskriminierungsfrei über die Mitnutzung der Funkkapazitäten des Mobilfunknetzes abschlussorientiert zu verhandeln.
Doch es stellte sich heraus, dass das Verhandlungsgebot so unzureichend ausgeformt ist, dass die Multiconnect GmbH auch auf dieser Grundlage keinen diskriminierungsfreien Full-MVNO-Zugang erhandeln konnte, sondern lediglich wettbewerbsuntaugliche Konditionen angeboten bekam.
Aus diesem Grund leitete die Multiconnect GmbH am 6. April 2023 gegen einen der Mobilfunknetzbetreiber ein Streitbeilegungsverfahren mit dem Ziel ein, dass dieser der Multiconnect GmbH ein neues Zugangsangebot zu unterbreiten hat – unter Einhaltung bestimmter objektiver Rahmenkonditionen. Letzte Antragsänderungen nahm sie am 8. August 2023 vor.
Die Multiconnect GmbH nutzte dabei genau den Rechtsweg, den die 5G-Frequenzvergabeentscheidung ausdrücklich unter Hervorhebung der Schiedsrichterkompetenz der Bundesnetzagentur vorgesehen hatte.
Obwohl die Bundesnetzagentur dabei gemäß § 212 Absatz 1 TKG zwingend innerhalb von vier Monaten eine verbindliche Entscheidung über die von der Multiconnect GmbH gestellten Anträge treffen muss, überschritt sie inzwischen die maximal erlaubte Verfahrenshöchstdauer um mehr als 12 Monate – ohne Entscheidung. Es ist noch nicht einmal bekannt, bis wann die Bundesnetzagentur über die eingereichten Anträge entschieden haben will.
Ohne diese Entscheidung ist die Multiconnect GmbH faktisch jedoch nicht in der Lage, ihre Verhandlungen mit Mobilfunknetzbetreibern fortzusetzen, um ein wettbewerbsfähiges Endkundenangebot im Mobilfunkmarkt etablieren zu können.
Dies hemmt nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Multiconnect GmbH, sondern auch den Wettbewerb im Mobilfunkmarkt ganz allgemein – da die Bundesnetzagentur das Verfahren offenbar als Musterverfahren führt, um Rahmenkonditionen für den Markt bestimmen zu können, die sie nicht in angemessener Zeit aus dem bestehenden Verhandlungsgebot ableiten kann.
Kritik am Verhandlungsgebot
Multiconnect muss deswegen in Frage stellen, ob das bestehende Verhandlungsgebot ein geeignetes Mittel zur Förderung des Wettbewerbs und Öffnung des Markts für MVNO darstellt. Denn der eigentliche Zweck des vorgesehenen Streitbeilegungsverfahrens – schnelle verbindliche Lösungen zu ermöglichen – ist durch den unklaren Rahmen des bestehenden Verhandlungsgebots konterkariert.
„Unser Verfahren beweist, dass das Verhandlungsgebot durch regulatorische Defizite für Nachfrager nicht effektiv durchsetzbar und in der bestehenden Form gescheitert ist“, so Christian v. Banhans, Geschäftsführer von Multiconnect GmbH.
Er führt weiter aus: „Die Bundesnetzagentur hat es sich durch das unzulängliche Mittel des Verhandlungsgebots anstatt einer echten Diensteanbieterverpflichtung wohl selbst unmöglich gemacht, ihre Rolle als effektiver Schiedsrichter wahrzunehmen.“
Forderungen der Multiconnect GmbH
Mit der Untätigkeitsklage fordert die Multiconnect GmbH die Bundesnetzagentur nunmehr auf, über die Anträge vom 6. April 2023 in der Fassung vom 8. August 2023 endlich zu entscheiden.
Ferner sollen in der vom VG Köln im Urteil 1 K 1281/22 gegenüber der Bundesnetzagentur angeordneten Neubescheidung der 5G-Vergabebedingungen Gesichtspunkte des Wettbewerbs stärker berücksichtigt werden. Multiconnect GmbH appelliert an die Bundesnetzagentur, die Chance zu nutzen und eine wirksame sowie effektiv durchsetzbare Diensteanbieterverpflichtung zu erlassen, um die offensichtlichen Mängel des Verhandlungsgebots zu beseitigen und endlich echten Wettbewerb auf Augenhöhe auf dem deutschen Mobilfunkmarkt zuzulassen.
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