Patrizia: Hallo Bettina, schön, dass wir Dich interviewen dürfen. Bist Du so nett und stellst Dich und LumenVox vor?

Bettina: Ich bin Bettina Stearn, die Geschäftsführerin von LumenVox-Europa. Ich arbeite seit 2002 auf dem Gebiet der Stimmbiometrie. Ich habe in der Qualitätsmessung angefangen und die erste stimmbiometrische Common Criteria Zertifizierung für die ersten Produkte der deutschen Firma VoiceTrust (jetzt LumenVox) entwickelt. Nachdem VoiceTrust 2018 mit LumenVox fusionierte, war und ist auch weiterhin mein Fokus, die Stimmbiometrie und ihre Einbindung in den LumenVox-Sprachtechnologie-Stack.

Patrizia: Ihr seid ja ein US-Amerikanischer Provider mit Deutschem Footprint – wie schaut Eure Europa-Strategie aus? Welche Märkte und welche Channels sind da im Fokus?

Bettina: Als LumenVox mit VoiceTrust fusionierte, blieb der deutsche Markt auf Biometrie fokussiert. Unsere Aufgabe hier in Europa ist es, die Sprachbiometrie zu vermarkten und gleichzeitig das gesamte Portfolio der LumenVox-Sprachtechnologien einzuführen, welches automatische Spracherkennung, Text-to-Speech und Call Progress Analysis umfasst. Unser Background stellt sicher, dass wir bei Information potenzieller Kunden und bei Beratung zum Einsatz der Lösungen, die deutschen und EU-Vorschriften besonders gut kennen. Es gibt zwar einige Märkte/Kanäle, in denen die Sprachbiometrie schneller eingeführt wurde, aber das Wunderbare an der Sprachtechnologie ist, dass sie wirklich vertikal unabhängig ist, mit Verbesserungen beim ROI, der betrieblichen Effizienz und der Kundenerfahrung in allen Bereichen.

Patrizia: Interessanter Aspekt, auch wir sehen im Voice-Channel den Kontaktkanal der Zukunft, ist er doch der intuitivste Weg zu kommunizieren – und oftmals auch der schnellste und effizienteste. Wenn Du drei Anwendungsfelder Eurer Technologie herausstellen müsstest – welche wären das?

Bettina: Authentifizierung ist ein großes Thema, weil es bei anderen Methoden so viele Reibungsverluste gibt und das Risiko schwacher Anmeldedaten so groß ist. Mit der Stimmbiometrie kann man wirklich alles haben: Sicherheit und Komfort.

Es gibt zwei Arten der Stimmbiometrie, die für die Authentifizierung eines Benutzers eingesetzt werden können: Aktiv und Passiv. Bei der aktiven Stimmbiometrie muss der Benutzer nur ein einfaches Kennwort sagen, wie z. B. „Meine Stimme ist mein Passwort.“ Wir verwenden dies in unserer LumenVox Multifaktor-Passwort-Reset-Lösung, um die Kosten für einen Reset zu senken, da diese vollständig automatisiert ist und keine Helpdesks benötigt werden.

Mit passiver Stimmbiometrie muss der Benutzer nichts Bestimmtes sagen. Es gibt kein Kennwort. Die stimmbiometrische Maschine kann den Benutzer einfach während eines Telefonats mit einem Agenten im Hintergrund authentifizieren. Es geschieht komplett mühelos. Alles was die Maschine braucht ist Zeit, um sich die Stimme der Person anzuhören und dann kann dem Agenten grünes oder rotes Licht gegeben werden, ob der Stimmabdruck übereinstimmt oder nicht.

Die Call Progress Analysis setzt einen neuen Standard in der Welt der Anrufbeantworter-Erkennung, da sie tonbasiert und nicht energiebasiert ist. Die meisten Systeme erraten anhand von Energie Leveln und Warteschleifen Timing, ob der Anruf mit einem Menschen verbunden ist. Das kann in verwirrenden Abbrüchen und Missverständnissen resultieren. Die CPA verwendet fortschrittliche Spracherkennungstechnologien – einschließlich des hochentwickelten, maschinellen Lernprozesses der Sprachaktivitätserkennung – um festzustellen, ob der Anruf mit einer lebenden Person oder einem automatisierten Aufzeichnungssystem verbunden wurde. Darauf basierend wird der Output entsprechend getimed.  Das bedeutet, dass Kunden stets auf dem Laufenden gehalten werden, was die Zufriedenheit erhöht und Kundenabwanderung verringert.

Patrizia: Mich fasziniert v.a. die Call Progress Analysis (CPA). Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Kundenanrufe – Inbound wie Outbound – die mit Abstand höchste Conversion unter allen Touch Points hat. Das zeigt auch, wie gut sich unsere Lösungen kombinieren lassen. Unsere Call Tracking Lösung stellt sicher, dass Unternehmen wissen wer sie gerade weshalb anruft und wer deswegen ans Telefon gehen soll. Umgekehrt im Outbound-Fall, erkennt Eure Technologie, ob eine Voice-Mail rangeht oder ein Mensch, so wird jede Call-Kampagne effizienter – auch und gerade in Verbindung mit unserem iMos® Sales-Caller. Kannst Du uns auch einen konkreten Use Case für das Thema Voice-Authentifizierung erläutern?

Bettina: Das LumenVox Multifactor Passwort Reset beantwortet ein paar wichtige Fragen:

Was wäre, wenn man ein Passwort haben könnte, das man unmöglich vergessen kann? Und was wäre, wenn dieses Passwort sicherer wäre als all die schwachen PINs und Passwörter, die man sich aufschreibt? Wir geben jedem Mitarbeiter ein Passwort, das er niemals verlieren oder vergessen kann. Und von da aus vereinfachen wir den Prozess: Die Benutzer registrieren ihren Stimmabdruck, wiederholen eine zufällige Wortfolge oder ein bestimmtes Kennwort. Die Benutzer erhalten dann einen Anruf oder einen automatischen Rückruf, der über das Web oder die mobile Anwendung initiiert wird. Dann sprechen die Benutzer und der Klang ihrer Stimme wird mit dem registrierten Stimmabdruck verglichen. Das bedeutet, dass Wiederholungsbenutzer Passwort Resets machen können, ohne den Helpdesk anzurufen. Einer unserer Kunden hier in der EU, eine weltweit tätige Versicherung, nutzt dies schon seit über 15 Jahren bei uns. Sie können ohne diese Lösung nicht mehr leben, da sie ihren Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, ihr Passwort sicher und rund um die Uhr zurückzusetzen – in mehreren Ländern und Zeitzonen – und die Lösung erfordert keine menschlichen Agenten/Mitarbeiter zur Unterstützung. Das entlastet den Helpdesk enorm und hält die Mitarbeiter produktiv.

Für passive Stimmbiometrie haben wir den Großteil unserer Zeit auf Finanzinstitute konzentriert, um zu zeigen, wie gut dies für deren Kunden oder Mitglieder passt. Man will eine robuste Sicherheitsebene, wenn es um Konten bei Banken oder Kreditgenossenschaften geht. Gleichzeitig möchte man sich nicht auf mühsame wissensbasierte Fragen verlassen müssen, um die benötigten Informationen zu erhalten. Die passive Authentifizierung dieser Benutzer spart den Agenten im Callcenter viel wertvolle Zeit und streicht einen wiederholten Authentifizierungsprozess komplett von der Liste der zu erledigenden Aufgaben bei einem Anruf. Das macht die Interaktion von Anfang an positiv. Anstelle von „Lassen Sie mich Ihnen 5 Fragen stellen, um sicherzustellen, dass Sie der sind, für den Sie sich ausgeben“, können diese Agenten mit der Frage beginnen: „Wie geht es Ihnen heute?“ Und jede Antwort reicht aus, um den Benutzer zu authentifizieren.

Patrizia: Last but not least, schließen wir immer gerne unsere Interviews mit einer Satzvervollständigung: Wenn, ich mir persönlich und beruflich etwas für 2021 wünschen dürfte, dann wäre das…

Bettina: Persönlich auf jeden Fall mehr Zeit für Yoga und Radfahren und mehr Zeit mit meinen Kindern. Beruflich wünsche ich mir den weiteren Einsatz von Sprachtechnologien zur Verbesserung des Gesamterlebnisses, also für Enduser, Kunden, Unternehmen und Mitarbeiter. Ich möchte, dass alle gewinnen.

Patrizia: Vielen Dank liebe Bettina für das spannende Interview!

Wenn Sie das Gespräch auch so spannend fanden wie wir, dann können Sie hier noch mehr zu unserem Partner LumenVox nachlesen.